„Es wechseln Tag und Wochen, Jahre ziehen! Du Haus steh`fest im Sturm und Sonnenschein. Viel Gnade soll in deinen Hallen blühen, Reich mög`die Ernte unserer Saaten sein. Die Wahrheit suchen und das gute hegen, Dem Land der Väter alle Kraft weih`n Pflichtstarken Herzens, alles Schöne pflegen: Sei unser Amt! Dazu gib deinen Segen, gib freud`gen Mut, oh Gott, gib froh Gedein!“

Mit diesen Worten, gesprochen von Prof. Muhle, schloss die Feier zur Eröffnung der neuen Schule.

Im Februar 1910 fanden die ersten Reifeprüfungen statt. Alle 13 Kandidaten konnten Ihr Einjährigenzeugnis erhalten.

Am 30. März 1910 fanden sich, angeregt durch Prof. Muhle, im Kaffehaus Wolf auf der Bautzener Straße die Absolventen zusammen und beschlossen die Gründung der VEL, der Vereinigung Ehemaliger Lessingschüler. Zunächst traf man sich einmal, später sogar zweimal monatlich in verschiedenen Gaststätten und führte „Versammlungen“ durch, die wohl mehr den Charakter studentischer Sitten und Bräuche hatten.
Man trug Schülermützen, trank aus persönlichen Bierkrügen und besaß ein eigenes Liederbuch. Geselligkeit und Traditionspflege, aber auch Zahlreiche Vorträge und Gespräche über wissenschaftliche und berufliche Dinge prägten das Leben der Vereinigung über all die Jahre bis zum heutigen Tag.

Artikel des Kamenzer Norbert Portman

Die Realschule zu Kamenz hat sich aus der Bürgerschule der Stadt entwickelt. Am Ende des Jahres 1903 beschlossen die damaligen Kamenzer Körperschaften die Gründung einer Realschule mit Progymnasium, welche Ostern 1904 (01.04. Karfreitag, 03.04. 1. Osterfeiertag) mit der untersten Klasse beider Zweige entstehen sollte. Der Ratsbeschluss wurde definitiv zu Ostern 1904 umgesetzt und die neue Schule mit 13 Realschülern und 11 Progymnasiasten eröffnet. Die Leitung lag in der Verantwortung des Bürgerschuldirektors Kelle sowie dreier Lehrkräfte, wobei eine von ihnen nur nebenamtlich tätig war. Zunächst fanden beide Klassen Unterkunft in der Bürgerschule. Ostern 1905 wechselten diese nach dem Obergeschoß des Rathauses. Die sich entwickelnde Realschule verweilte hier bis zur Fertigstellung ihres eigenen Schulgebäudes. Bedeutsam für die neue Schuleinrichtung war die Anerkennung seitens des sächsischen Kulturministeriums zu Ostern des Jahres 1907, als eine in der Entwicklung begriffene Realschule. Das hatte zur Folge, dass die Schulleitung in die Hände von Prof. Dr. Muhle gelegt wurde. Dieser wurde durch das Kultusministerium als dirigierender Oberlehrer nach Kamenz berufen. Seit Juli 1909 führt die Schule den noch heute bekannten Namen „Lessingschule“. Die ersten Abiturienten konnten Ostern 1910 mit dem Reifezeugnis die Schule verlassen. Im gleichen Jahr erhielt – am 1. September, dem Sedantag - ein kaiserlicher Feiertag, welcher auf die Schlacht bei Sedan im deutsch –französischen Krieg von 1870/71 zurückzuführen ist - die Schule ihre von der Elternschaft gestiftete Schulfahne. Die räumliche Enge in der Bürgerschule und die sich stetig entwickelnd Realschule mit Progymnasium, rechtfertigte den Bau eines eigenen Schulgebäudes. Am 28. Mai 1909 fand die feierliche Grundsteinlegung für das neue Gebäude an der Henselstraße statt. In einer relativ kurzen Zeit er-folgte der Bau und bereits am 18.Oktober fand die Weihe der neuen Schule statt. Schon ab dem 20. Oktober wurde planmäßig Unterricht erteilt. Für die ersten 25 Jahre der Existenz der Schule war stetiger Zuwachs an Schülern und somit auch an Klassen zu vermerken. Auch der 1. Weltkrieg ging nicht spurlos an der Einrichtung vorbei: Lehrer wurden zum Militär eingezogen, Unterricht wurde eingeschränkt und die älteren Schuljahrgänge mussten nach Notabitur ebenfalls zum Militär. Ein Novum gab es im Schuljahr 1916/17, denn erstmalig wurden vier Mädchen in die Schule aufgenommen. Der Versuch musste als gelungen angesehen werden, da in der Folgezeit die Anzahl von Schülerinnen stetig anstieg. Unter Führung von Prof. Muhle entwickelte sich die Lessingschule im Laufe der Zeit zu einer anerkannten Lehreinrichtung und Ostern 1928 verließen erstmals Abiturienten mit Universitäts- bzw. Hochschulreife die Schule. 1929 bestand die Lessingschule ein Vierteljahrhundert und dies wurde festlich begangen. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 zog ebenso deren Geist in die Schule ein. Auch der 2. Weltkrieg ging nicht spurlos an der Schule vorbei. Einberufungen von Lehrern und Schülern, Schulausfall sowie die Nutzung des Gebäudes als Lazarett taten ihr übriges. Im April 1945 wurde der Schulbetrieb eingestellt. Kriegsende bedeutet Neubeginn und Säuberung vom Ideengut der Naziherrschaft. Ein demokratischer, fortschrittlicher und freiheitlicher Geist sollte an den Lehreinrichtungen einziehen. Die „Demokratische Schulreform“ von 1946 sollte das gesamte Bildungssystem erneuern und das Bildungsprivileg der bürgerlichen Kreise brechen. Eine Idee, wie sich im Laufe der Zeit zeigen sollte, die nicht realistisch war. Nur noch Kinder der Arbeiter- und Bauernklasse an höheren Bildungseinrichtungen war aufgrund der geringen Anzahl nicht möglich. Erst nach den Juniereignissen von 1953 liberalisierte sich das Schulsystem.

Die Geschichte sollte sich wiederholen. Einst bestimmte die NSDAP die Bildungspolitik und jetzt die SED. An der Lessingschule sollten künftige Kader für den Arbeiter- und Bauernstaat herangebildet werden. Christlich erzogene Schüler hatten es schwer, hier zu bestehen oder überhaupt erst die Schule besuchen zu können. Im Jahr 1954 konnte die Lessingschule auf ihr 50-jähriges Bestehen zurückblicken. Die folgenden Jahre der Schule waren geprägt durch die Politik der SED.

Nicht nur im Bezirk Dresden, auch republikweit war die Lessingschule für ihre solide Ausbildung bekannt.

Im Oktober 1979 blickte die Lessingschule auf ihr 75-jähriges Bestehen zurück. Wie schon zum 50.Geburtstag, hielt auch hier ein ehemaliger Schüler dieser Schule einen Vortrag über wissenschaftlich-technische Probleme.

Mit der Wende 1990 veränderte sich auch die Bildungspolitik. Aus der EOS „Lessingschule“ wurde im Laufe der Zeit das „Lessinggymnasium“.

Auch der in der alten Bundesrepublik in den 1950er Jahren gegründete Verein “Ehemaliger Lessingschüler (VEL)“, etablierte sich wieder in Kamenz.

Weitere Veränderungen in der Kamenzer Schullandschaft bestimmten die folgenden Jahre.

Nach 1990/1991 führten stetig zunehmende Schülerzahlen dann dazu, dass die Stadt Kamenz als Standort für ein zweites Gymnasium innerhalb der Schulnetzplanung des Freistaates Sachsen festlegt, ehemalige militärische Schuleinrichtungen am Flugplatz Kamenz für ein zusätzliches Gymnasium zu nutzen, das künftige Albert-Schweitzer-Gymnasium in der Trägerschaft des Landkreises.

Die alte Bürgerschule beherbergte einige Zeit die 5. bis 8.Klassen des Gymnasiums, die höheren Klassenstufen verweilten in der Lessingschule an der Henselstraße.

Im Jahr 1994 konnte die die Lessingschule ihr 90jähriges Bestehen erfolgreich begehen, 1999 die 90. Wiederkehr der Gründung einer Höheren Schule und im Jahr 2000 dann auch 90 Jahre Lessingschule an der Henselstraße.

Sinkende Schülerzahlen ließen den Gedanken entstehen, nur noch ein Gymnasium zu betreiben. Zunächst erfolgte jedoch eine Fusion beider Schulen. Heute existiert nur noch das Gymnasium am Flugplatz, da das alte Gebäude der Lessingschule den derzeitigen Anforderungen an eine Schuleinrichtung nicht gerecht wird. Zurzeit gibt es intensive Auseinandersetzungen über den weiteren Schulstandort Kamenz, besonders den der Lessingschule betreffend.

VEL fordert Landkreis zur Einhaltung der Verträge auf

Mit Bestürzung, Unverständnis und Entsetzen haben wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass der Landkreis Bautzen im kommenden Schuljahr keine Schüler mehr in unserer Lessingschule unterrichten will.

Wir werfen den Verantwortlichen in Bautzen vor, sich völlig über die Interessen der Lessingstadt Kamenz hinwegzusetzen.

Der Stadtrat, die Vereinigung Ehemaliger Lessingschüler, der Geschichtsverein, der Rotary Club, die Schülerschaft, der Elternrat, die Bürger der Stadt – alle hatten sich wiederholt für den Erhalt der traditionsreichen Stätte höherer Bildung eingesetzt. Das scheint die Spitze des Landkreises überhaupt nicht zu berühren. Eine einhundertjährige Erfolgsgeschichte soll durch einen Federstrich zunichte gemacht werden. Die vorbildliche Vorarbeit der Stadt Kamenz zur Beschaffung von Fördermitteln und die Zusage, sich selbst mit einer höheren Summe zu beteiligen, interessieren das Landratsamt Bautzen offensichtlich nicht. . Gemeinsam mit der Stadt Kamenz und allen Unterstützern wollen wir erreichen, dass auch in Zukunft das Abitur in der Lessingschule abgelegt wird! Wir rufen alle Freunde der Lessingschule auf, uns dabei zu unterstützen!

Auszugsweise Volker Schmidt Vorsitzender der Vereinigung Ehemaliger Lessingschüler Stadtarchiv Kamenz

Stand 30.05.2012

Der Stadtrat von Kamenz hat sich in seiner Sitzung am 30.05.2012 ebenfalls mit diesem Problem beschäftigt und folgenden Beschluss einstimmig gefasst:

„Der Stadtrat der Stadt Kamenz sieht mit großer Sorge die eingetretene Entwicklung zum Schulstandort Lessingschule und versteht die Ängste, Sorgen und Befürchtungen der Schüler, der Kamenzer Bürgerinnen und Bürger, die für ihren gymnasialen Standort und die Bewahrung der Tradition eintreten. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, das Gespräch mit dem Landkreis Bautzen bis zu den Gesprächen mit dem SMI am 11.06.2012 zu suchen und die Position des Stadtrates zum Erhalt der Lessingschule als gymnasialen Standort auf der Grundlage der bestehenden Verträge von 2001 und 2002 darzulegen. Es sollte auch geklärt werden, inwieweit kurzfristig die Anforderungen an einen 2. Rettungsweg und gegebenenfalls weitere brandschutztechnische Auflagen in der Lessingschule erfüllt werden können, um den Schulbetrieb weiterhin vollumfänglich zu ermöglichen.“

Auf dieser Grundlage werden wir alles tun, um gemeinsam mit dem Landrat für Kamenz eine zukunftsfähige Lösung zu schaffen. Auszug aus der Pressemitteilung der Stadt Kamenz.

Stand 15.08.2012

Die City-Initative läd ein zum Bürgerforum am 06.09.2012 Stadttheater.
Thema: Erhalt der Lessingschule - gymnasium

Artikel des Kamenzer Norbert Portman

Der Erhalt der Kamenzer Lessingschüler ist Gegenstand der öffentlichen Diskussion.
Bisher wurde, meiner Meinung nach, zu wenig über die historische Seite bezüglich der Erhaltung des Schulstandortes „Lessingschule“ gesprochen.
Es ist eine historische Gegebenheit, dass sich die Schule fast ständig im Zentrum der Gemeinde oder nahe an diesem befand. Rathaus, Kirche, Schule, Gericht, Post und weitere öffentliche Gebäude bildeten den sogenannten Stadtkern.
Historisch gesehen gibt es mehrere Gesichtspunkte, die für den Erhalt der jetzigen Lessingschule sprechen:
Das Kamenzer Bürgertum kämpfte schon vor mehr als 100 Jahren für eine höhere Bildungseinrichtung. Dabei hatte Kamenz schon immer die politische Arroganz der höheren Behörde im Nacken. Schon früher setzte sich die Kreisamtshauptmannschaft in Bautzen nicht für Kamenz ein.
Kamenz, die Geburtsstadt von Lessing, ist neben den anderen Orten der Tätigkeit von Lessing, die Stätte einer wahren Schule, die diesen Namen tragen darf.
Schon der Standort der Lessingschule, sich an der Henselstraße befindend, gibt das moralische und historische Recht für den Erhalt dieser Bildungseinrichtung an dieser Stelle. Sowohl Friedrich Theophil Hensel wie auch sein jüngerer Bruder Ernst waren Mitglieder der Frankfurter Nationalversammlung und setzten sich für die Grundrechte des Bürgertums ein.
In der mehr als 100jährigen Geschichte der Lessingschule wurde diese von zahlreichen späteren Persönlichkeiten mit internationalen bzw. nationalen Ruf auf fast allen Gebieten von Politik und Wissenschaften besucht. Stellvertretend seien genannt die Professoren Bombach (Ökonomie), die Brüder Reißmann (Architektur und Chemie), Weißmantel (Physik) und Hommel (Theaterwissenschaften). Diese Namen und weitere sind Zeugnis für die hervorragenden Leistungen des Lehrkörpers und begründen u .a den Erhalt dieser Bildungsstätte an diesem Standort.

Die „Kamenzer City-Initiative“ setzt mit ihren Bemühungen hinsichtlich der Klärung des Lessingschulproblems die besten Traditionen ihres Vorgängers, dem Kamenzer Gewerbeverein (1845-1945) fort. Schon dieser setzte sich für zentrumsnahen Schulstandort und für fortschrittliche Bildungsinhalte ein.

Diese Seite ist eine Initiative des Kamenzer Rolf Hensel zur Unterstützung des Erhalt unserer Lessingschule in der Funktion als Gymnasium in der Stadt Kamenz.

Bitte übermittelt eure Meinung an henselrolf@web.de
Ich bedanke mich im vorraus für Ihr Interesse.